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Faszination Spermien

| 20. Oktober 2015

Im Bio-Unterricht in der Schule fing es an. Wir bekamen ein Mikroskop und konnten Fliegenbeine, Zwiebelschalen, eingefärbte Kartoffelscheibchen und sonstige Schnitte von Pflanzenteilen anschauen. Echt spannend? Nein. Gääähn! Keine Idee, wozu man ein Mikroskop noch gebrauchen kann? Ah doch! Das Pantoffeltierchen aus der Wasserpfütze – endlich mal Action!

Irgendwann wollte ich mein eigenes Mikroskop haben. Aber nicht so eins für Kinder. Ein richtiges – eines fürs Leben sozusagen. Nach dem Motto: „Mein Haus, mein Auto, mein Mikroskop.“ Mich hat immer gestört, dass man bei den einfachen ein Auge zukneifen muss.

Im Katalog beim Optiker fand ich mein Mikroskop (Internet-Shopping gab es damals noch nicht): doppelokular, mit viel Zubehör wie ein zweites Okular-Set für mehr Vergrößerungen, Kreuztisch, Mikrometerskale, Handmikrotom und Färbe-Set. Wie alle neuen Sachen, die erst mal wahnsinnig interessant sind, landete alles dann aber doch schnell in der hintersten Schrankecke – nichtsahnend, dass ich das Set mal ernsthaft gebrauchen könnte. Als ich Jahre später auf die Idee mit dem Ventil kam, wurde es plötzlich ein wichtiges Werkzeug.

Kaulquappen in Bewegung

Spermien unter dem Mikroskop zu beobachten ist faszinierend. Da gibt es ganz schnelle, die haben es ziemlich eilig, andere drehen sich bloß im Kreis, als wüssten sie nicht wo es langgeht. Allerdings gibt es auch tote Spermien oder Bruchstücke. Laut Fachliteratur ist ein gewisser Anteil an Schrott-Spermien aber ganz normal.

Generell fand ich immer echt spannend, was die Spermien da so treiben. Und ich empfehle potenziellen Probanden, sich das auch mal anzusehen. Ein einfaches Schülermikroskop mit 400 bis 600-facher Vergrösserung reicht auch völlig aus. Wobei wir heute dank Wikipedia auch auf anderem Wege deutlich einfacher an Fachinformationen kommen.

Das kleine Einmalseins des Spermienbeobachtens

Dennoch, für diejenigen, die es ebenfalls wissen wollen: Wie lässt sich die Spermienzahl berechnen? Profilabore benutzen dazu die Neubauer-Zählkammer in der eine genaue Menge Sperma eingesperrt und abgezählt wird. Für meine Methode braucht man eine digitale Messschraube. Zuerst muss man den Blickfelddurchmesser des Mikroskops bei etwa 400-facher Vergrößerung feststellen. Mein Mikroskop hat z.B. einen Blickfelddurchmesser von 0,45mm bei 400-fach und 0,31mm bei 600-fach.

Wer keine Mikrometerskala hat, legt z.B. eine dünne Stecknadel unter das Mikroskop, nachdem er den Durchmesser mit der Messschraube bestimmt hat. Anhand der sichtbaren Nadeldicke lässt sich der Blickfelddurchmesser auch einigermaßen gut schätzen.

Jetzt legt man ein Deckgläschen auf einen normalen Objektträger und misst mit der digitalen Messschraube die Gesamtdicke. Das Maß ist egal, wenn man die Digitalanzeige jetzt auf Null stellen kann. Dann entfernt man das Deckgläschen, gibt einen kleinen Tropfen verflüssigtes (15 bis 30min. Wartezeit), gut umgerührtes Sperma auf die Mitte des Objektträgers und setzt das Deckgläschen erneut drauf.

Diese Anordnung kommt dann zwischen die Messschraube. Durch das Zusammendrehen der Messschraube drückt man Deckgläschen und Objektträger gegeneinander, aber nur bis ein Restwert von 0,020mm oder 20µm auf der Anzeige erreicht ist. Seitlich heraustretende Flüssigkeit aufsaugen, sonst gibt es eine Sauerei. Der Spermienkopfdurchmesser beträgt ca. 3µm. Mit 20µm Platz zwischen den Gläsern bleibt den Spermien also noch genug Bewegungsfreiheit.

Der Blick durchs Mikroskop

Jetzt kommt das ganze unter das Mikroskop, wo man ein ziemlich genau bestimmtes zylinderförmiges Volumen (Blickfeldkreisfläche x 0,02 mm) komplett im Blickfeld hat. Nun heißt es: zählen und auf 1ml (cm³) oder auf das Gesamt-Sperma-Volumen hochrechnen. Wenn das Zählen wegen dem Rumgezappel schwer fällt, wählt man – wenn möglich – eine höhere Vergrößerung oder besorgt sich ein Mikroskop mit USB-Kamera mit Video- und Fotofunktion. Die gab es schon 2007 für 50€ beim großen Lebensmittel-Discounter – kostet also auch nicht die Welt.

Viel Spaß beim Experimentieren wünscht Clemens Bimek

Foto: Eingefärbte Spermaprobe unter dem Lichtmikroskop (Wikipedia)

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